"die Unaufgeregten" - HEIMAT

Pressemitteilung zur „Langen Nacht der Heimat“, Augsburg, Juni 2016

Die Unaufgeregten, „Heimat, rechtsbündiger Flattersatz auf Silofolie“,
Siebdruck auf Silofolie, ca. 700 x 500 cm, 2016

„Heimat“ ist ein Begriff allumfassenden Friedens. Wer ihn denkt, fühlt Geborgenheit und kann die Seele baumeln lassen: nichts wird passieren; keine Gewalt, keine Bedrohung – nur schwebende Stille in der Brandung des Lärms, der von der Straße hereindrängen will. Schon nach wenigen Atemzügen entfaltet sich die Behaglichkeit eines mehrfach abgedichteten Raumes. Seine Grenzen scheinen klar definiert, seine Dimensionen abgemessen in Jahrhunderten gewachsener Tradition und Übereinstimmung mit dem Unvermeidbaren.

Wo bisweilen ganze Welten zusammenstürzen, bleibt die Zuversicht unerschütterlich – noch. Wo Systeme kollabieren, gibt das eigene Koordinatensystem Sicherheit und wahrt die Perspektive auf das vermeintlich große Ganze – noch! Denn unsere Heimatgefühle zeigen sich inzwischen labiler, als wir es in all unseren hehren Sehnsuchtsmomenten erwarten durften. Mittlerweile offenbaren sie nichts weniger als einen Abgrund.

Die Unaufgeregten, eine Augsburger Künstlergruppe, präsentieren nun im Rahmen der „Langen Nacht der Heimat“ im Unteren Rathausfletz der Stadt Augsburg die aktuelle Verkehrung des Heimatbegriffes in Parolen des Hasses: Frieden wird zu Krieg, Geborgenheit zu Vernichtungsphantasien in der vordergründigen Behaglichkeit des digitalen Netzes. Die künstlerische Arbeit wird dort aufgebaut, wo die Rede der AFD-Parteisprecherin Frauke Petry stattgefunden hat. „Heimat, rechtsbündiger Flattersatz auf Silofolie“ ist dementsprechend eine politische Arbeit. Sie macht das sichtbar, was in allen Medien als mehr oder weniger blasse Mahnung durchdringt: dass wir uns um unsere Heimat tatsächlich sorgen müssen!

„Heimat, rechtsbündiger Flattersatz auf Silofolie“ ist jedoch vor allem eine künstlerische Arbeit: Die Unaufgeregten zeigen die Infiltration des Heimatbegriffs in der ästhetischen Distanz des künstlerischen Werkes – in dieser Distanz erscheint die Botschaft auf untergründige Weise neutralisiert, indem sie den Betrachter mit seiner Reflexion allein lässt. Das künstlerische Werk verzichtet auf Moralisieren; es verneint jede eindeutige Interpretation. Die einen werden vor der Wucht des Hasses die gleichen Stimmen in sich hören, die anderen werden … wer weiß es, wer kann es sagen?

 

Urs Freund, Augsburg 2016