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„Moraltheologie und theologische Ethik des Nichtwissens. Eine Konfliktgeschichte“.


 

Erster Forschungsstrang: „Moraltheologie und theologische Ethik des Nichtwissens. Eine Konfliktgeschichte“.

 

Eine Grundidee des gesamten Projekts liegt darin, das Recht auf Nichtwissen im weiteren Kontext des Diskurses um „Nichtwissenskulturen“ ethisch-theologisch zu begründen. In einem ersten Schritt wird es darum gehen, eine problemorientierte Wissenschaftsgeschichte der Moraltheologie mit der – nicht zuletzt  in Augsburg maßgeblich geführten – Debatte über Nichtwissenskulturen zu verbinden.[1]

Ausgewählte Zugänge zum Nichtwissen in Theologie, Ethik und biomedizinischer Praxis werden diesbezüglich befragt. Ausgangspunkt für die Überlegungen ist der wissenschaftstheoretische Diskurs im Rahmen des Bemühens um eine philosophisch-theologische Grundlegung der Fundamentalmoral. Der auf der Basis neuscholastischer Konzeptionen von Karl Rahner entworfenen Formalen Existentialethik kommt dabei ebenso eine Bedeutung zu wie dem Konzept einer zukunftsorientierten Verantwortungsethik im Verständnis des jüdischen Philosophen Hans Jonas.

Soll das Recht auf Nichtwissen mehr sein als ein reines Abwehrrecht zur Vermeidung von Lebensqualitätseinbußen und sozialen Sanktionen, muss des weiteren geklärt werden, was sich mit der Zurückweisung von Wissen positiv verbindet bzw. welche positive Haltung diesen Wissensverzicht ermöglicht. Soll dies im Rahmen einer ethischen Reflexion stattfinden, muss neben der angesprochenen Grundhaltung auch eine diese korrespondierende Norm gefunden werden.

Die Begründung des positiven Rechts auf Nichtwissen ist auf der Basis einer nachhaltigen Verteidigung des sittlichen Subjekts – und gegen dessen Infragestellung – durchzuführen. Akut wird diese Problematik nicht zuletzt in der derzeitigen von den Neurowissenschaften angestoßenen Debatte über die menschliche Willensfreiheit. Ein Teilprojekt geht daher der Frage nach, inwieweit menschliche Willensfreiheit überhaupt Gegenstand wissenschaftlichen Wissens sein kann. Das (moral-)philosophische Theorem der Willensfreiheit wird exemplarisch mit den Thesen des Bremer Hirnforschers Gerhard Roth konfrontiert, ehe eine natur- und geisteswissenschaftliche Zusammenschau die Notwendigkeit des transzendentalen Nichtwissens von Autonomie herausstellt, ohne konkrete menschliche Freiheitsvollzüge idealistisch zu verklären.



[1] Das Forschungsprojekt „Nichtwissenskulturen“, das von Dezember 2003 bis April 2007 am Augsburger Wissenschaftszentrum Umwelt WZU unter der Leitung von Dr. Jens Soentgen und Dr. Stephan Böschen Forscher verschiedenster Disziplinen zusammenbrachte, ist eines der Inspirationsquellen des hier vorgestellten DFG-Projekts.